Aphasien

Sprachstörungen bei neurologischen Erkrankungen

Aphasie bedeutet Sprachverlust nach Hirnschädigung. Wie erfolgreich eine Therapie sein kann, richtet sich nach der betroffenen Hirnregion, dem Ausmaß der Schädigung und nach den individuellen Ressourcen der Klienten.

Ich stelle mir mein Gehirn wie ein Schlachtfeld nach einem Kampf vor. Die Zellen, die früher mit Wörtern und Sätzen zu tun gehabt hatten, waren tot oder betäubt.
(Ingrid Tropp Erblad, Aphasikerin und Buchautorin)

Aphasien sind neurogene Sprachstörungen. Das heißt, sie entstehen als Folge einer Hirnschädigung. Dies kann ein Schlaganfall, ein Hirntumor, oder eine Erkrankung wie Multiple Sklerose oder Morbus Parkinson sein.

Symptomatik: Bei einer Aphasie gibt es typischerweise Probleme in vier Bereichen: der mündlichen Sprache, dem Sprachverstehen, dem Schreiben und dem Lesen.

Wir sind ganz normale Menschen
(EZ und AN, Betroffene)

Denken und Weltwissen sind bei einer Aphasie nicht betroffen. Aphasiker sind nicht geistig behindert. Sie finden jedoch häufig nicht die passenden Worte für das, was sie mitteilen wollen. Deshalb empfinden sich viele Aphasiker wie gefangen in einem geistigen Gefängnis und ziehen sich aus den Gesprächen zurück.

Aphasie ist eine Kommunikationsstörung und betrifft nicht nur die Aphasiker selbst sondern auch die Angehörigen.

Wir verstanden sie nicht richtig, und es gab viele Missverständnisse
(E.K., Angehörige)

Therapie

Aphasie ist durch qualifizierte Sprachtherapie positiv beeinflussbar. Diese Erkenntnis ist wissenschaftlich abgesichert (Bhogal 2003, Grötzbach 2005). Besonders gute Therapieeffekte zeigen sich bei intensiver Aphasietherapie mit einer Therapieintensität von 4-5 Sitzungen pro Woche. Mit einer so genannten intensiven Intervalltherapie lassen sich signifikante Verbesserungen erreichen, selbst wenn die Erkrankung bereits Jahre zurück liegt (Schlenck und Perleth 2004). Deshalb spielt das häusliche Eigentraining auch eine besondere Rolle: Neben den therapeutischen Sitzungen erhalten die Betroffenen jede Woche neue Übungen für das tägliche Training zu Hause.

Diagnostik und Therapieplan

Qualifizierte Sprachtherapie beginnt mit einer sorgfältigen Diagnostik. Erhaltene und beeinträchtige Leistungen in der Bereichen Sprechen, Verstehen, Lesen und Schreiben werden in einer neurolinguistischen Analyse genau bestimmt. Auf dieser Basis erhält der Patient ein individuelles Therapieprogramm. In den Therapiesitzungen und im häuslichen Eigentraining werden nun Sprachübungen durchgeführt, die sich im Schwierigkeitsgrad kontinuierlich steigern.

Um sich zu entwickeln, muss ein Aphasiker reden, reden!
(W.W. Betroffener)

Neben den sprachsystematischen Übungen spielen alltagsorientierte und kommunikationsorientierte Übungen eine wichtige Rolle: Einkaufsnotizen schreiben, Bankaufträge und e-mails verfassen. Alltagskommunikation wird häufig gemeinsam mit den Angehörigen trainiert: Die Betroffenen lernen, Signale und Phrasen zu verwenden um zu signalisieren, dass sie etwas nicht verstanden haben "halt, bitte noch einmal!". Die Angehörigen lernen, langsamer und in kürzeren Sätzen zu sprechen. Häufig hilft es, Gesagtes einfach noch einmal zu wiederholen oder aufzuschreiben.

Angehörige sind wichtige Partner in der Sprachtherapie.

Selbsthilfegruppen

Selbsthilfegruppen für Aphasiker sind ein wichtiger Bestandteil der Rehabilitation: Sie bieten spezifische Information und neue Kontakte. Wenn die anfänglichen Bedenken, sich in eine Gruppe zu begeben überwunden sind, schätzen sowohl die Betroffenen als auch die Angehörigen die gemeinsamen Treffen: Es werden Erfahrungen ausgetauscht, Aktivitäten unternommen und die Probleme mit der Kommunikation sind hier nichts so Besonderes wie häufig sonst im Alltag.

Informationen über die insgesamt über 200 Selbsthilfegruppen für Aphasiker in Deutschland erhält man beim Bundesverband für Aphasiker info@aphasiker.de. .

Empfehlungen

  • Bhogal, SK u.a. 2003: Rehabilitation of aphasia: more is better. Topics in Stroke Rehabilitation 10, 66-76
  • Grötzbach, H 2005: Evidenzbasierte Aphasietherapie. FORUM Logopädie, Heft 4(19) 6-11
  • Schlenck, KJ, Perleth, S 2004: Langzeitverlauf bei Aphasie und der Effekt von Sprachtherapie in der chronischen Phase. Aphasie und verwandte Gebiete1, 9-20
  • Aphasie. Sprachstörung nach Schlaganfall oder Schädel-Hirn-Trauma. Ein Ratgeber für Angehörige. Schulz Kirchner Verlag
  • Tropp Erblad I: Katze fängt mit S an: Aphasie oder der Verlust der Wörter